Leaky Gut

Unser Darm sieht sich täglich mit vielen wertvollen Nährstoffen konfrontiert, aber auch mit Schadstoffen, Bakterien, Pilzen und Viren. Um einen kontrollierten Einlass zu gewähren, ist die Darmwand „semipermeabel" (halbdurchlässig) gebaut. Sie lässt Wasser und Nährstoffe kontrolliert ins Blut passieren, verhindert im gesunden Zustand aber zuverlässig, dass Schadhaftes mitreist. Die ständige Erneuerung der Schleimhautzellen stellt sicher, dass für diese wichtige Aufgabe nur gesunde Zellen am Werk sind.
Die wählerische Barriere funktioniert durch ihren vierschichtigen Aufbau. Darmflora und die mit Abwehrstoffen bestückte Schleimschicht auf der Innenseite des Darms, sind für die meisten unliebsamen Erreger und Schadstoffe schon kaum zu durchdringen. Spätestens aber die dicht miteinander verzahnten Darmschleimhautzellen darunter stellen sich allem entgegen, was hier illegal passieren möchte. Spezielle Verbindungsproteine, die „Tight-Junctions", verschließen ihre Zellzwischenräume wie mit einem Klettverschluss. Nur wer den richtigen „Code" hat, ein biochemische Erkennungssignal, kann diese Verbindungen kurzfristig zum Passieren öffnen. Das betrifft z.B. einige Nährstoffe. Den letzten Wachposten am Darm bildet die Immunabwehr. Sie sorgt auf der „Körperseite" für Ordnung, in der Darmwand und in den umliegenden Geweben. Falls etwas „durchrutscht". Für eine funktionierende Barriere müssen alle Teile perfekt funktionieren. Eine gestörte Darmflora und versagende Tight-Junctions sind die häufigste Urache für einen Leaky Gut.
Künstliche Zusätze machen unsere Lebensmittel heute schmackhaft, bunt und haltbar, aber sie können den Darm belasten. Einige Nahrungsbestandteile haben sich dabei als besonders schadhaft erwiesen, darunter große Mengen Industriezucker, Emulgatoren, Salz, Gluten oder die mikrobielle Transglutaminase, die zum „Kleben" von Fleischprodukten in der Lebensmittelindustrie verwendet wird. Stress, Rauchen, Alkohol und Medikamente tun ihr Übriges, ebenso Umweltgifte, wie Tenside oder ein dauerhaftes „Zu viel" oder „Zu fett" beim Essen. In Summe können solche Belastungen zu folgenschweren Veränderungen am Darm führen.
Lücken und Fehlbesiedelungen im Mikrobiom erhöhen dann das Infektionsrisiko, hinterlassen Verdauungsprobleme, eine geschwächte Darmgesundheit und Immunabwehr. Schwelende Entzündungen stören die Transportmechanismen der Darmschleimhautzellen und lösen ihre dichte „Verzahnung", die „Tight-Junctions". Die „Mauer" zerfällt in ihre „Steine". Stoffen aus dem Darm wird unkontrolliert Einlass in den Körper gewährt.
Ein Leaky Gut begünstigt viele Erkrankungen. Man spricht vom „Leaky Gut Syndrom". Neben Reizdarm, Verdauungsbeschwerden und Entzündungen, die direkt im geschädigten Darm ihren Ursprung finden, werden die löchrigen Barrieren auch mit einer Vielzahl von Krankheiten in Zusammenhang gebracht, die sich fernab des Darms im Körper abspielen. Darunter Unverträglichkeiten, wie die Zöliakie, Allergien, Rheuma, Kopfschmerzen oder Hauterkrankungen. Sie entstehen durch im Körper kreisende Immun- und Entzündungsbotenstoffe, durch Nahrungsverwertungsstörungen oder auch durch Fehlleitungen des Immunsystems, denn die Gewebetrümmer der zerstörten Schleimhäute und Fremdporteine können fehlerhaft zur Bekämpfung körpereigener Strukturen und Nahrungsmittel führen. Selbst psychische Leiden finden sich auf der Liste. Das Mikrobiom produziert Botenstoffe, wie Dopamin und Serotonin, die über das Nervensystem am Darm unser Gehirn beeinflussen.
Ein Leaky Gut kann sich erholen. Es gilt die eigenen Auslöser zu erkennen und zu beheben, darunter häufig Medikamente, Alkohol, Fehlernährung und Stress.
Damit die Beschwerden abklingen und zukünftige Schädigungen vermieden werden, müsse man aber auch günstige Bedingungen für die Darmbarriere schaffen. Eine moderne, ganzheitliche Therapie des Leaky Gut berücksichtigt auch Ernährungsfaktoren, Darmbarriereschutz und Mikrobiommodulation. Ein wichtiger Therapiebaustein kann deshalb die zielgerichtete Einnahme von Prä- und Probiotika sein, die Fehlbesiedelungen am Mikrobiom korrigiert und das Auswachsen der „richtigen" Keime fördert. Die Wirksamkeit solcher Präparate sei wissenschaftlich gut erforscht. Die richtige Wahl ist entscheidend.