Rund 70 Prozent aller Immunzellen sind am Darm stationiert, denn mit den rund 30 Tonnen Speisen und 50 000 Liter Flüssigkeit, die hier in einem Leben passieren, rutschen auch kiloweise Schadstoffe und Krankheitserreger durch. Die Darmschleimhaut ist mit etwa 400 Quadratmetern Oberfläche die größte Kontaktfläche des Körpers zur Außenwelt und damit seine größte Abwehrfront. Organisiert in kleinen, miteinander verbundenen Lymphknoten, den „Peyer-Plaques“, umweben die Immunzellen den Darm als dichtes Netzwerk und sorgen dafür, dass sich keine schadhaften Mikroben oder Fremdstoffe hier ansiedeln oder mit der Nahrung ins Blut gelangen. Im täglichen Kontakt lernen die jungen Immunzellen so auch, was fremd ist und bekämpft werden muss, was zum Körper gehört und was passieren darf. Der Darm ist die größte Schule der Immunabwehr und der hier angesiedelte Teil des Immunsystems, das „GALT“ (engl.: gut-associated-lymphatic-tissue), ist mit dem restlichen Immunsystem des Körpers eng verbunden. Es leitet alle Informationen weiter, hält die anderen Stationen in Alarmbereitschaft und sorgt für ununterbrochenen Nachschub an geschulten schlagkräftigen Abwehrzellen.
Eine wichtige Aufgabe kommt dabei der „Darmflora“ zu. Jenen Bakterien-Spezies, die friedlich unseren Darm besiedeln. Die bunt gemischte Truppe harmloser Mikroben verdaut für uns harte Pflanzenfasern aus Obst, Gemüse und Getreide (Ballaststoffe) und bekommt dafür Kost und Logis. Ein Tauschgeschäft. Ihre Ausscheidungsprodukte stützen aber auch die Funktion und die Gesundheit des Darms, ihre dichte bakterielle Besiedelung der Darmschleimhaut lässt keine Nischen für unerwünschte Konkurrenz, wie Auslöser von Durchfallerkrankungen. Zudem macht die Darmflora als harmloses „Body-Double“ auf die bösen Verwandten aufmerksam. Die jungen Immunzellen lernen hier „Freund“ von „Feind“ zu unterscheiden.