Reizdarmsyndrom

Ein „Reizdarm" ist kein einfaches organisches Leiden. Vielmehr gibt es ein Spektrum an möglichen Ursachen, das eine Vielzahl an Symptomen auslösen kann. Der Arzt spricht daher auch von „Reizdarm-Syndrom" (RDS).
Reizdarm-Patienten quälen sich mit krampfartigen Bauchschmerzen, Druck- und Völlegefühl, Blähungen, Verstopfung, Durchfall und Übelkeit. Die Symptome treten in unterschiedlichen Ausprägungen und Kombinationen auf. Dem irritierten Darm, fachsprachlich auch „Colon irritable" oder „Irritable Bowel Syndrome" (IBS) genannt, fehlt das Konzept für passende Darmbewegungen und den richtigen Cocktail an Verdauungssäften. Er ist überempfindlich gegenüber Druck und Dehnung und oft liegen keine klaren Ursachen vor. Die Belastung der Lebensqualität durch das RDS, zum Beispiel im Beruf, in der Familie oder Partnerschaft oder in der Freizeit, reicht von gering bis erheblich.
Bis die Diagnose „Reizdarm" fällt, ist es oft ein langer Weg. Zunächst müssen alle Krankheiten ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome verursachen und alle möglichen Auslöser sind zu überprüfen. Manchmal reicht Stress. Bei anderen finden sich chronische Entzündungen, Infekte oder eine zurückliegende Antibiotika-Therapie. Fehlleitungen des Immunsystems können dahinter stecken, Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie die Fruktose- oder Laktose-Intoleranz, aber auch ein Tumor. Experten sehen im RDS auch eine funktionelle Störung der sogenannten „Brain-Gut"-Achse (Gehirn-Darm-Achse).
Nach den offiziellen „Leitlinien", die Ärzten als Maßstab für Diagnostik und Therapie dienen, liegt ein Reizdarmsyndrom dann vor, wenn folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind(2):
Die Verdauung ist ein komplexes Regelwerk mit vielen Stellschrauben. Magen, Darm, Leber, Nieren und Bauchspeicheldrüse sind darin genauso verstrickt, wie Immun- und Nervensystem oder Hormone und andere Botenstoffe. Entgleist einer, kippen andere mit. Ein gutes Beispiel ist Stress. Unser Gehirn und das Nervensystem am Darm stehen über Botenstoffe im Austausch. Stress kann so die Nerven am Darm in eine Art Dauererregung versetzen, die die Regulation der Darmbewegung durcheinander bringt und „Schmerz" meldet. Der Stress „schlägt uns auf den Darm". Anders herum kann ein kranker Darm, zum Beispiel nach jahrelanger Fehlernährung, über Nervenbotenstoffe unser Empfinden beeinflussen. Oft sind Auslöser und Folgen kaum zu trennen, wie im Wechselspiel einer gestörten Darmbarriere (Leaky Gut) mit dem Reizdarmsyndrom.
Die Therapie des RDS ist individuell und richtet sich danach, welche Symptome vorherrschen und welche Ursachen zu behandeln sind. Eine zentrale Bedeutung nimmt dabei eine intakte Darmflora ein. Ernährung und psychologische Verfahren zur Stressreduktion bilden in der Behandlung entscheidende Einflussfaktoren. Auch pro- und präbiotische Präparate können eine besondere Rolle spielen.
Quellenangaben
1 BAMER Arztreport 2019. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse. Grobe, Steinmann, Szecsenyi. Band 14
2 S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom, AWMF-Registriernummer: 021/016